22.01.2025 | Process Innovation

Interview mit Uwe Boltersdorf, ehemaliger Divisionsleiter Chemtech | Sulzer

Der Schweizer Industriegigant Sulzer ist ein Vorreiter, wenn es um nachhaltige Initiativen geht, die die Industrie voranbringen. Hier sprechen wir mit Uwe Boltersdorf, Leiter des Geschäftsbereichs Chemtech, über die Details.

Nur wenige Unternehmen können mit Sulzer mithalten, wenn es darum geht, die Art von Dienstleistungen und Produkten zu entwickeln, die die Sache der nachhaltigen Industrie so effektiv vorantreiben. Der dreigleisige Ansatz mit Hilfe von Spezialdivisionen hat in den letzten Jahren zu beträchtlichen Umsätzen geführt. In einem kürzlich geführten Interview sprach die Vorstandsvorsitzende Suzanne Thoma ganz offen davon, dass wir in dem, was wir tun, exzellent sind“. Das sind in der Tat kühne Worte. Wir haben uns daher entschlossen, das Konzept mit Uwe Boltersdorf zu erforschen, um die Sparte Chemtech des Schweizer Unternehmens, deren Präsident er ist, ins Rampenlicht zu rücken, insbesondere in einer Zeit, in der das Unternehmen seinen Vorstoß auf den europäischen Markt verstärkt.

In einem kurzen, aber aufschlussreichen Gespräch konnten wir über den Fortschritt, die Investitionen und die Partnerschaften, die hinter dem jüngsten Erfolg stehen, sprechen. Das Gespräch kam zur rechten Zeit, denn auf der diesjährigen ACHEMA werden 17 Monate vergangen sein, seit er in seine jetzige Position berufen und in den Vorstand berufen wurde, nachdem er 2021 die Position des Leiters der Abteilung Technologien und operative Exzellenz bei Chemtech übernommen hatte.

ACHEMA Inspire: Sulzer Chemtech betreibt Produktionsstätten in China, Indien, Mexiko und Korea - welche Pläne gibt es für den europäischen Markt?

  • __Uwe Boltersdorf: Europa bleibt ein Schlüsselmarkt für Sulzer Chemtech. Hier befindet sich nicht nur unser Hauptsitz, sondern auch unsere erstklassigen Testanlagen in Winterthur, zahlreiche Experten für Betriebstechnologien und starke Geschäftspartner. In den letzten Jahren haben wir auch unsere Investitionen in der Region intensiviert, zum Beispiel in unserem neuen Servicezentrum in Essen. Diese Einrichtung verbessert unsere Fähigkeit, unsere Kunden in der Region mit Produktions-, Service- und Reparaturkapazitäten zu unterstützen und gleichzeitig modernste digitale Technologien einzusetzen, um die Effizienz zu steigern und Ausfallzeiten zu reduzieren.

ACHEMA Inspire: Sie haben bereits ein starkes Portfolio, wie geht es weiter mit der Chemtech-Sparte?

  • __Uwe Boltersdorf: Wir haben immer einen sehr starken Fokus auf Nachhaltigkeit, aber wir wissen auch, dass unsere Kunden wettbewerbsfähig bleiben müssen, wenn sie diese Produkte und Prozesse einsetzen wollen. Deshalb arbeiten wir daran, die Effizienz, Leistung und Produktivität standardmäßig zu maximieren.
    Was unser Portfolio an chemischen Verarbeitungs- und Trenntechnologien betrifft, so stimme ich Ihnen zu, dass es sehr stark ist, also vielen Dank! Neben der Aufrechterhaltung der Stärke unserer Produkte und Komponenten konzentrieren wir uns auch auf die Verbesserung unserer F&E- und Dienstleistungsangebote. Dadurch sind wir in der Lage, unseren Kunden umfassende End-to-End-Lösungen zu bieten.
    Wir bieten auch Lizenzierungsmöglichkeiten für hochmoderne chemische Prozesse, die es anderen Unternehmen ermöglichen, Biokraftstoffe, synthetische Flugkraftstoffe sowie biologisch abbaubare und biobasierte Polymere herzustellen. Ein Beispiel dafür sind unsere Lösungen für die Herstellung von Biokunststoffen wie PLA, die zunehmend herkömmliche Polymere in verschiedenen Anwendungen, einschließlich Verpackungen, ersetzen.
    Unsere profunde Branchenkenntnis hilft uns dabei, alle Anforderungen unserer Kunden an Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu erkennen und zu erfüllen. Dieses Engagement spiegelt sich in unseren fortschrittlichen Stoffaustauschkomponenten wider, die globale Unternehmen bei der Einführung umweltfreundlicherer Verfahren unterstützen.
    Im vergangenen Jahr haben wir außerdem unser lizenziertes Technologieportfolio um SULAC erweitert, eine neuartige Prozesslösung für die PLA-Produktion, mit der wir die wachsende Marktnachfrage nach diesem Biopolymer befriedigen und die Einführung nachhaltigerer, hochwertiger Kunststoffe fördern wollen.

ACHEMA Inspire: Im letzten Jahr haben Sie Ihre CAPSUL-Technologie auf den Markt gebracht. Welchen Stellenwert hat der Biokunststoff für Sie?

  • __Uwe Boltersdorf: Man muss nicht weiter als bis zu den neuesten Schlagzeilen oder einem Spaziergang entlang eines vermüllten Strandes schauen, um zu verstehen, wie dringlich es ist, den Plastikmüll zu reduzieren. Deshalb ist die Entwicklung biologisch abbaubarer Polymere wie unsere CAPSUL-Technologie für uns ein wichtiger Schwerpunkt. CAPSUL ermöglicht die kontinuierliche Herstellung von Polycaprolacton (PCL), einem biologisch abbaubaren Polyester.
    Indem wir es ermöglichen, PCL in größerem Umfang sowohl aus herkömmlichen als auch aus erneuerbaren Ressourcen herzustellen, ermöglichen wir es der Industrie, ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit zu verstärken und gleichzeitig einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

ACHEMA Inspire: Sie sind auch für Ihre Initiativen zur Energieeffizienz bekannt. Können Sie erläutern, was das in der Praxis bedeutet?

  • __Uwe Boltersdorf: Unsere Technologien sind so konzipiert, dass sie eine effizientere Verarbeitung unterstützen, aber wir versuchen auch, die Ressourcennutzung zu optimieren und Abfälle auf breiterer Ebene zu reduzieren. Unsere Stoffaustauschtechnologien werden beispielsweise von der Messer Group, dem weltweit größten privaten Industriegasespezialisten, in Zusammenarbeit mit einem führenden Hersteller von anorganischen Chemikalien eingesetzt. Gemeinsam haben wir eine innovative Kohlenstoffabscheidung und -nutzung in einer Anlage in Landeck, Österreich, ermöglicht.
    Mit dieser Technologie werden jährlich über 50.000 Tonnen CO2 abgeschieden, die dann nicht nur in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, sondern auch in anderen Branchen der Region wiederverwendet werden. Was dieses Projekt besonders bemerkenswert macht, ist die Zusammenarbeit zwischen dem Betreiber der Anlage und dem Lizenzgeber der Technologie, die beide in ihren Märkten führend sind und unsere langjährigen Partner sind. Dieses Projekt ist ein Beispiel für unser Engagement für Partnerschaft und nachhaltige Ergebnisse. Darüber hinaus beweist es, dass die Ausweitung solcher Technologien machbar und kommerziell vorteilhaft ist.

ACHEMA Inspire: Liege ich richtig in der Annahme, dass Ihre Lösung auch einen erheblichen Kostenvorteil bietet?

  • __Uwe Boltersdorf: Auf jeden Fall. Unser strukturiertes Füllkörpersystem MellapakCC verbessert die Absorption von Kohlendioxid aus Rauchgasströmen in fossil befeuerten Kraftwerken. Es hat sich gezeigt, dass es sowohl die Größe der erforderlichen Ausrüstung als auch den Druckabfall über den Kohlendioxid-Absorber erheblich reduziert, was zu niedrigeren Investitions- und Betriebskosten führt.

ACHEMA Inspire: Und Sie sind dafür bekannt, Ihre eigene Technologie zu entwickeln?

  • __Uwe Boltersdorf: In der Tat ist unser Wachstum weitgehend organisch, angetrieben durch kontinuierliche Innovation und intensive Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Wir investieren aktiv in die Entwicklung unserer Technologien. So haben wir zum Beispiel mehrere Testeinheiten in unseren Forschungszentren eingerichtet, die es unseren Kunden ermöglichen, unsere Technologien direkt vor Ort zu testen und zu bewerten.
    Nehmen wir zum Beispiel unseren neuen InTecH-Standort in Singapur. Diese Einrichtung konzentriert sich auf die Optimierung chemischer Trennverfahren für nachhaltige Verfahren wie Polymerrecycling und die Herstellung biobasierter Kraftstoffe. Außerdem können wir so die sich entwickelnden Marktanforderungen besser antizipieren und erfüllen, unsere nachhaltigen Produktionskapazitäten verbessern und unsere Beziehungen zu lokalen Kunden und potenziellen Partnern in einer strategisch wichtigen Region stärken.

ACHEMA Inspire: Und wie verhält sich das zu den Produkten?

  • __Uwe Boltersdorf: Unser Team arbeitet kontinuierlich an innovativen Projekten. Derzeit entwickeln wir mobile Serviceeinheiten, mit denen wir unsere Technologien direkt zu unseren Kunden bringen können. Dieser Ansatz stärkt nicht nur das Vertrauen, sondern ermöglicht es uns auch, schneller und effektiver auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen, was unser Engagement für Kundennähe und Nachhaltigkeit unterstreicht.
    Aber auch wenn es die auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Themen wie Kohlenstoffabscheidung und Biokunststoffe sind, die uns vorantreiben, entwickeln wir weiterhin unsere traditionellen Lösungen für eine Reihe von Verfahren, die die Effizienz und Umweltleistung verbessern können. Dazu gehören Destillation, Phasentrennung, Absorption, Verdampfung, Flüssig-Flüssig-Extraktion, Strippen und Kristallisation.

ACHEMA Inspire: Welchen Stellenwert hat für Sie das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen?

  • __Uwe Boltersdorf: Wir investieren einen beträchtlichen Prozentsatz unserer Investitionen in Nachhaltigkeitsinitiativen und haben allen Grund zu erwarten, dass diese Zahl noch steigen wird.
    Ansonsten sind wir weiterhin bestrebt, unsere F&E-Kompetenz zu nutzen, um die ökologischen Herausforderungen mit einer Reihe von Clean-Tech-Lösungen anzugehen.

| Originalversion veröffentlicht in ACHEMA Inspire, Ausgabe Mai 2024 | Deutsche Übersetzung durch DECHEMA Ausstellungs-GmbH |

Autor

ACHEMA Inspire staff

World Show Media

www.worldshowmedia.net

Schlagwörter in diesem Artikel:

#nachhaltigkeit

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